EIN MORPHOLOGISCHES MODELL UND CT-BEURTEILUNG DES SCHÄDELS VON PACHYRHACHIS PROBLEMATICUS (SQUAMATA, SERPENTES),
EINER 98 MILLIONEN JAHRE ALTEN SCHLANGE
MIT BEINEN AUS DEM NAHEN OSTEN

Michael J. Polcyn, Louis L. Jacobs, und Annat Haber

ZUSAMMENFASSUNG

Pachyrhachis problematicus ist eine Schlange mit gut entwickelten Hinterbeinen, die durch zwei Individuen aus dem Cenoman des Nahen Ostens bekannt ist. Ein Exemplar besitzt einen kompletten und artikulierten, wenn auch zerdrückten Schädel. Das zweite Exemplar hat einen disartikulierten Schädel, der unter den Körper gequetscht wurde. Pachyrhachis steht in letzter Zeit im Zentrum einer Diskussion über die Ursprünge und Verwandtschaftsverhältnissen von Schlangen, die sich auf die Frage konzentriert, ob Pachyrhachis die Schwestergruppe der gesamten anderen Schlangen oder alternativ eine relativ hochentwickelte Schlange aus der Gruppe der Boas und Phytons darstellt. Forscher, die dieselben Stücke untersuchten, kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen, welche die alternativen Hypothesen stützten. Der vollständigere Schädel wurde vor fast dreißig Jahren in Kunstharz eingebettet und mit Hilfe von Säure präpariert, wodurch die Betrachtung der dorsalen Oberfläche mit optischen Techniken und somit nachfolgende Studien bedeutend erschwert wurden. Diese Studie benutzt CT-Scans und Computer-Rekonstruktionen, um sich widersprechende Interpretationen der Morphologie zu testen, und bietet so ein Methode zur Falsifizierung alternativer phylogenetischer Hypothesen. Pachyrhachis besitzt ein geneigtes Quadratum mit einem gut entwickelten Processus stylohyalis und fehlendem Processus suprastapedialis, kein Squamosum und ein einzelnes Foramen mentale. Eine Trennung der Exoccipitalia über dem Foramen magnum konnte nicht gezeigt werden. Das Jugale fehlt. Die bestehende Morphologie stützt die phylogenetische Hypothese, nach der Pachyrhachis eine basale macrostomate Schlange ist. Das Beibehalten von Beinen in einer basalen macrostomaten Schlange deutet an, daß der Verlust der Hinterbeine mehrfach unabhängig innerhalb der Schlangen stattfand.

Schlüsselwörter: Kreide; Haasiophis; Israel; Macrostomata; Taphonomie

Franziska Großmann, Universität Tübingen, Institut für Geowissenschaften, Sigwartstraße 10, 72076 Tübingen, Deutschland.